..an Alan Bern.
Die Jüdische Kulturwoche Augsburg Schwaben*25 steht dieses Jahr ganz im Zeichen der Musik. Aber was ist denn unter jüdischer Musik zu verstehen? Das haben wir vorab den Komponisten und Musiker Alan Bern gefragt.
Was macht jüdische Musik für Sie aus?
Alan Bern: Der Begriff „jüdische Musik“ ist sehr weit gefasst. Er umfasst religiöse, weltliche, volkstümliche, populäre, Theater- und klassische Musik und vieles, vieles mehr. Wo immer Juden und Jüdinnen in der Welt gelebt haben, entstand eine neue musikalische Synthese, die die Musikkultur ihrer nichtjüdischen Nachbarn einbezog. Jüdische Musik kann also auch als ein gigantisches Netzwerk verstanden werden, das die meisten, wenn nicht sogar alle Kulturen der Welt miteinander verbindet.
In Augsburg leiten Sie einen Workshop zum kontemplativen Nigunim-Singen. Könnten Sie uns erklären, was Nigunim (jiddisch: Nign) genau sind – und was diese Form des Gesangs für Sie so bedeutungsvoll macht?
Alan Bern: Der chassidische Nign ist eine Melodie, die einen bestimmten spirituellen Zweck verfolgt, sei es, um eine tiefe Selbstbeobachtung zu fördern, eine Gemeinschaft zu schaffen oder zum Tanzen zu inspirieren. In der chassidischen Welt wird ein Nign von einer Generation zur nächsten nach Gehör weitergegeben und nur von Jungen und Männern in der Öffentlichkeit gesungen. Heute werden sie auch in der säkularen Welt von Männern und Frauen gesungen und geschätzt. Sie drücken etwas Unbeschreibliches über unsere Beziehungen zueinander, zur Welt und zu den wichtigsten Werten des Lebens aus.
Welche musikalischen Stilrichtungen innerhalb der jüdischen Musiktradition geraten Ihrer Meinung nach zu oft in Vergessenheit – obwohl sie wesentlich bekannter sein sollten?
Alan Bern: Es gibt jüdische Musikkulturen auf der ganzen Welt – nicht nur aschkenasische, sondern auch sephardische, und diejenigen aus Italien, Griechenland, dem Kaukasus und vielen anderen Ländern. Die meisten davon sind in Westeuropa kaum bekannt. In Deutschland kennt man bestimmte jiddische Volkslieder, die Klezmer-Tanzmusik und die Synagogenmusik, aber die aschkenasische Kultur umfasst viele, viele weitere Genres, wie z. B. die echte Volksliedtradition der Frauen, Lieder für den Sabbat-Tisch, Klezmer-Genres zum Zuhören, und die neue Welle experimenteller Neuer Jiddischer Musik.
Alan Bern ist Musiker, Komponist und setzt sich seit vielen Jahren für jiddische Kultur und Musik ein. Er ist Gründer und künstlerischer Leiter des renommierten Festivals Yiddish Summer Weimar, hat musikpädagogische Initiativen gegründet und spielt in verschiedenen internationalen Bands. Bei der Jüdischen Kulturwoche Augsburg Schwaben*25 wird er gemeinsam mit dem Violinisten Mark Kovnatskiy den Festakt zur Eröffnung musikalisch gestalten und Workshops für Schulklassen und Erwachsene geben.
Zum Programm der Jüdischen Kulturwoche Augsburg Schwaben*25
Mai 2025