Ein Solo mit Großvater und Enkel

 

Als ich vergangenen Sommer mir Gedanken über das Rahmenprogramm unserer Ausstellung »Ende der Zeitzeugenschaft?« machte, fiel mir gleich die Performance »Lebenslang« von und mit Daniel Langbein ein. Vor einigen Jahren habe ich seine Performance gesehen, zwar nicht live aber als eine Bewerbung für einen Auftritt und trotzdem brannte es sich in mein Gedächtnis ein. Die Schlichtheit und die gleichzeitige Intensität der Darbietung beeindruckten mich. Die Geschichte zweier Menschen, aus unterschiedlichen Generationen wird hier verdichtet und in Zusammenhang gebracht. Zum einen ist da Daniel Langbein, Schauspieler, Jahrgang 1987, in Wien geboren. Zum anderen sein Großvater Hermann Langbein, der im spanischen Bürgerkrieg mit den Internationalen Brigaden kämpfte und dann anschließend über französische Lager zuerst nach Dachau und von 1942 bis 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert wurde. Hermann Langbein überlebte und hat danach sein restliches Leben der Aufarbeitung des Erlebten und der Analyse von Auschwitz und anderen Konzentrationslagern gewidmet. Er war einer der ersten, die über die Erlebnisse in der Vernichtungsmaschinerie der Nazis sprachen. Die Aufklärung der nachkommenden Generationen war ihm ein großes Anliegen, so dass er schon zu einem frühen Zeitpunkt als Zeitzeuge vor Schulklassen sprach. Nicht zuletzt war er Gründungsmitglied des Internationalen Ausschwitzkomitees zu dessen ersten Generalsekretär er gewählt wurde. Er hatte eine tragende Rolle im 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess und war ein scharfer Kritiker der bundesdeutschen Entschädigungsgesetzgebung.

Ein kleiner Teil seines Nachlasses ist eine Reihe von Videointerviews, die 1983 im Auftrag des österreichischen Bildungsministeriums entstanden sind. Dieses Bildmaterial war Ausgangspunkt für die Performance »Lebenslang«, die im Rahmen der »Tage der Freiheit« am Theater Junge Generation Dresden 2017 Premiere hatte. Sein Enkel Daniel Langbein befasste sich seit seiner Ausbildung an der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Graz mit der Person und der Geschichte seines Großvaters. »Ich suchte nach einem persönlichen Zugang zu dem Vermächtnis meines Großvaters und fand mit dem Reenactment der Aussagen, die mein Großvater in diesen Interviews machte, eine Möglichkeit mit theatralen Mitteln eine Auseinandersetzung mit unserer Geschichte anzustoßen.«

»Lebenslang« ist die zweite Arbeit von Daniel Langbein in der Auseinandersetzung mit seiner Familiengeschichte. Ihm ging das Theaterstück »Macht Gelegenheit Mörder«, welches 2014 mit Daniel Langbein und Lukas Tröger uraufgeführt wurde, voraus. Das Stück basiert auf das Erinnerungsbuch »Die Stärkeren. Ein Bericht aus Auschwitz und anderen Konzentrationslagern« von Hermann Langbein.

Am 25. Januar wird Daniel Langbein mit seinem Solo im Rahmen der Ausstellung »Ende der Zeitzeugenschaft?« im Kulturhaus Abraxas gastieren. Nach der 15-minütigen Performance schließt sich ein Gespräch mit Daniel Langbein an. Alle Infos & Tickets

Sara Sepehri Shakib

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