Herkunft

Eva Labby, geb. Lamfromm, kam am 25. Juni 1929 in Augsburg zur Welt. Sie war die jüngste Tochter von Paul Lamfromm (1888 – 1964) und seiner Frau Marie, geb. Epstein (1896 – 1982).

Paul Lamfromm war seit 1908 in Augsburg als Kaufmann zugelassen. Als Leutnant der Reserve des Bayerischen Reserve Infanterie Regiments Nr. 1 nahm er am Ersten Weltkrieg teil. Kurz vor Kriegsende geriet er in englische Kriegsgefangenschaft, aus der er im Januar 1920 wieder entlassen wurde. Evas Mutter war als Rotkreuzschwester ebenfalls im Ersten Weltkrieg eingesetzt. Paul und Marie Lamfromm heirateten 1921 und bekamen vor Eva bereits ihre beiden älteren Schwestern Hildegard (1922 – 1984) und Gertrud (1924 – 2019). Die Familie lebte in der Werderstraße 16 im Augsburger Bismarckviertel.

Paul und Marie Lamfromm mit ihren Töchtern und Max Untermayer/Raymer in Bad Wörishofen, 1935; © JMAS/Sammlung Eva Labby

Leben in der NS-Zeit

Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, war Eva Lamfromm vier Jahre alt. Ihr Vater leitete zu diesem Zeitpunkt das Unternehmen »Lamfromm & Biedermann« in der Hermanstraße 15. Paul und Marie Lamfromm versuchten, ihre Kinder vor der wachsenden Judenfeindschaft zu schützen. Dennoch bekamen sie die Gewaltmaßnahmen des NS-Regimes am eigenen Leib zu spüren. Eva Lamfromm durfte beispielsweise nicht in die Ballettschule, weil sie Jüdin war. 1937 musste sie die Wittelsbacher Volksschule verlassen. Seitdem besuchte sie die von der jüdischen Gemeinde provisorisch eingerichtete Schule in der Synagoge in der Halderstraße.

Evas Schwestern Hildegard und Gertrud Lamfromm besuchten das A. B. von Stettensche Institut, das sie unter dem Druck der Nationalsozialisten ebenfalls verlassen mussten. Sie fanden danach Aufnahme in der St. Elisabeth Schule, die von Nonnen geführt wurde.

Emigration in die USA

1936 entschlossen sich Evas Eltern in die USA zu emigrieren. Aufgrund des relativ frühen Zeitpunkts verlief die Auswanderung noch verhältnismäßig geordnet. Am 28. Juli 1937 verließen Paul und Marie Lamfrom(m) mit ihren drei Töchtern Deutschland. Sie ließen sich in Portland, Oregon, nieder, wo sie Verwandte hatten, und strichen das Doppel-»m« in ihrem Familiennamen.

Zurückgeblieben in Augsburg

Eva Labbys Großmutter Hedwig Epstein und weitere Verwandte blieben in Deutschland zurück. Die Hoffnung, für die Großmutter ebenfalls ein Visum für die USA zu bekommen, schwand mit Kriegsbeginn und erlosch 1941 mit dem Auswanderungsverbot für Jüdinnen und Juden ganz. Hedwig Epstein wurde zusammen mit ihrer Cousine Ida Bingen im August 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo beide ums Leben kamen.

Neuanfang in den USA

Nachdem Paul Lamfrom(m) kurze Zeit als Angestellter gearbeitet hatte, startete er 1938 mit der »Columbia Hat Company« seine eigene Firma. 1959 gründete er zusammen mit seinem Schwiegersohn Neal Boyle die »Columbia Manufacturing Company«, die ein Jahr später mit der »Columbia Hat Company« zu »Columbia Sportswear« vereinigt wurde. Paul Lamfrom(m) starb im Juni 1964, seine Frau Marie 1982.

Eva und Arnold Labby bei ihrer Hochzeit, 1958; © JMAS/Sammlung Eva Labby

Eva Lamfrom(m) beendete in Portland ihre Schulausbildung und studierte anschließend Psychologie. Nach dem Studium arbeitete sie u. a. als Sozialarbeiterin und Assistentin eines Abgeordneten. 1958 heiratete sie Arnold Labby (1924) und gründete mit ihm in Portland eine Familie. Sie bekamen drei Kinder: Lise (1960), Andrea (1961) und Karin (1965). Arnold Labby führte eine psychologische Praxis, in der Eva Labby mitarbeitete. Das Ehepaar lebt nach wie
vor in Portland.

Hildegard Lamfrom(m) absolvierte ein Biochemie-Studium und wurde eine angesehene Wissenschaftlerin. Die Molekularbiologin forschte in Dänemark, Frankreich und Indien. An der Oregon Health and Science University in Portland erinnert ein Widmungslehrstuhl an Hildegard Lamfrom(m), die am 28. August 1984 starb.

Gertrud (Gert) Lamfrom(m) studierte Soziologie. 1948 heiratete sie Neal Boyle. Ihr Ehemann übernahm eine Stelle im Betrieb von Paul Lamfrom(m), mit dem er »Columbia Sportswear« an den Start brachte. Als Neal Boyle 1970 unerwartet starb, übernahm seine Frau Gert Boyle die Leitung der Firma. 1988 trat sie als Präsidentin zurück, blieb aber weiterhin Vorstandsvorsitzende. Sie starb am 3. November 2019.

Besuche in Augsburg

Als Eva Labby 1955 das erste Mal nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nach Deutschland reiste, besuchte sie auch Augsburg. Die Unfähigkeit der meisten Deutschen, sich mit den NS-Verbrechen auseinanderzusetzen, belastete sie sehr. Erst 1985 kam sie auf Einladung der Stadt erneut nach Augsburg. 2002 folgte ein weiterer Aufenthalt. Die jüngere Generation, die sie bei ihren Reisen kennen lernte, und die deutschen Holocaust-Denkmäler veränderten Eva Labbys Sicht auf Deutschland und halfen ihr auch bei der Bewältigung ihrer Erfahrungen aus der NS-Zeit.

 

Zeitzeugin bei den LEBENSLINIEN

Eva Labby war 2011 im Zeitzeugenprojekt »LEBENSLINIEN. Deutsch-jüdische Familiengeschichten« zu Gast. Zu ihrer Lebens- und Familiengeschichte erschien in der gleichnamigen Reihe der Katalog:

Beninga Schönhagen, » … wie glücklich können wir sein, dass die Kinder in Sicherheit sind.« Der Weg der Familie Lamfromm aus Augsburg, Augsburg 2011.

Die in dem Unterrichtsmaterial enthaltenen Texte, Bilder und Zeitzeugenvideos sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte an diesen Materialien liegen beim Jüdischen Museum Augsburg Schwaben oder den jeweiligen Rechteinhabern. Die Verwendung dieses Materials ist ausschließlich für Bildungszwecke im Rahmen des Untrrichts gestattet. Eine Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Aufführung der Inhalte ohne ausdrückliche Genehmigung des Jüdischen Museums Augsburg Schwaben oder der Rechteinhaber ist untersagt. Für weitere Informationen oder Anfragen zur Nutzung der Materialien wenden Sie sich bitte an das Jüdische Museum Augsburg Schwaben.