Ein Beitrag von Museumsdirektorin Dr. Carmen Reichert

108 Tage sind vergangen, seit die Zwillinge Ziv und Gali Berman (26) aus ihrem Dorf, dem Kibbuz Kfar Aza verschleppt wurden, als ihre Mutter Talia Berman, ihre Tante Macabit und ihr Bruder Idan nach Augsburg kommen. Sie kommen, um Aufmerksamkeit für die Brüder und die anderen 136 Geiseln der Hamas zu wecken. So haben sie Termine mit der regionalen und nationalen Presse und geben Interviews – denn je mehr Druck die internationale Gemeinschaft auf die Hamas ausübt, so die Hoffnung, desto besser ist Israels Verhandlungsposition.

„Wir wollen etwas tun. Wir wollen alles tun, was in unserer Macht steht, damit sie zurückkommen. Wir brauchen sie zurück“, sagt Mutter Talia im Café unseres Museums, wo wir nach einer kurzen Führung durch Ausstellung und Synagoge zusammensitzen. „Nichts zu tun ist das Schlimmste. Es ist besser zu arbeiten, so etwas wie einen Alltag zu haben“, ergänzt Tante Macabit. Idan sieht in seinen Cappuccino und schweigt.

Die Familie ist für drei Tage in der Stadt bevor sie direkt nach Israel zurückkehren, um vor Ort weiter für die Freilassung von Gali und Ziv zu kämpfen. Sie haben Bilder mitgebracht, von ihrem Kibbuz – vor und nach dem 7. Oktober. „Die Regierung sagt, es wird etwa drei Jahre dauern, bis alles wieder aufgebaut ist und wir zurückkehren können“, sagt Talia Berman. Ob sie das wollen? „Es spielt keine Rolle,“ sagt Talia, „Ich denke darüber nicht nach. Alles, was zählt, ist, dass Ziv und Gali zurückkehren. Dann sehen wir weiter“. Idan schweigt.

In Kfar Aza, ihrem Kibbuz, hatten sie sich immer sicher gefühlt. Wenn ein Angriff aus Ägypten, aus dem Libanon oder aus Syrien kommen würde, so würden die doch niemals Bomben so nah an den eigenen Leuten in Gaza werfen, so dachten sie. Vor den Menschen in Gaza hatte die Familie keine Angst. Einige arbeiteten in ihrem Dorf, man kannte sich und lebte gut zusammen. Zur Geburt ihrer Zwillinge, erzählt Talia, brachte ein Arbeiter aus Gaza arabische Süßigkeiten vorbei. Und dann sagt sie: „Wir müssen zusammenleben. Anders geht es nicht“. Idan schweigt.

Tante Macabit packt die Bilder wieder ein. Auf ihrem T-Shirt steht, was die Familie und viele andere in diesen Tagen auch auf silbernen Kettenanhängern um den Hals tragen: „Bring them home now“. In den darauffolgenden Tagen sprachen sie bei einer Solidaritätsveranstaltung der IKG in der Augsburger Synagoge und trafen Pressevertreter*innen. Unserem Vorschlag, auch einen Blogbeitrag über ihren Besuch zu schreiben, stimmen sie gerne zu. Je mehr Aufmerksamkeit für das Schicksal der aus Israel verschleppten Geiseln, desto besser. Sie wollen uns gelegentlich berichten, wie es ihnen geht, wie es für sie weiter geht.

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